Happy Birthday: Excel wird 40! 22

Artikelbild-366
Ein kleiner Rückblick auf die Entwicklung der Tabellenkalkulation
 

Es war der 30. September 1985. Ein sonniger Septembermontag, das Laub verfärbte sich bereits herbstlich und die Sonne stand schon tief, als die Presswehen einsetzten und kurze Zeit später im Kreiskrankenhaus Redmond, Washington unser aller Lieblingsprogramm das Licht der Welt erblickt hat.

Nun gut, wahrscheinlich war es nicht das Kreiskrankenhaus, sondern irgendein kleiner Cubicle im Microsoft-Headquarter und die Presswehen waren vermutlich nur Blähungen, die der Programmierer von der vielen Pizza während der unzähligen Nachtschichten hatte, aber wen interessieren denn heute noch irgendwelche Details…

Auf jeden Fall feiert Excel in diesem Monat seinen 40. Geburtstag. Und wie heißt es doch so treffend: Lieber 40 und würzig als 20 und ranzig…
Wenn das also kein Grund ist, kurz innezuhalten und einen Blick auf die Entwicklung der Tabellenkalkulation im Allgemeinen und Excel im Besonderen zu werfen.

Und los geht’s!

1983: Die Odyssee beginnt

Im Jahr 1983 begann bei Microsoft das Projekt zur Entwicklung von Excel mit dem Ziel, ein besseres Kalkulationsprogramm als der Marktführer Lotus 1-2-3 für den PC zu entwickeln. Das Projekt lief unter dem Codenamen „Odyssey„, man hatte sich offensichtlich auf eine lange und abenteuerliche Reise eingestellt. Erst zu einem späten Zeitpunkt wurde die Entscheidung getroffen, das Programm auf eine grafische Oberfläche zu bringen. Was zu folgendem Ergebnis führte…

1985: Excel 1.0 – Der Adler ist gelandet

Als Excel am 30. September 1985 für den Macintosh erschien, war es nicht das erste Tabellenkalkulationsprogramm. Aber es war das erste, das mit einer grafischen Oberfläche und der Mausbedienung punktete. Die Konkurrenz schlief noch auf ihren textbasierten Lorbeeren.

Du hast richtig gelesen: Excel kam zuerst für den Mac auf den Markt, denn auf den damaligen IBM-PC’s und den kompatiblen Klonen liefen überwiegend textbasierte Oberflächen (wer erinnert sich an DOS?). Und so konnte Microsoft mit seinem Programm auf dem Mac von dessen benutzerfreundlichen Bedienung profitieren.

1987: Excel 2.0 – Der Durchbruch

Mit Excel 2.0 erschien die erste Windows-Version – und es zeichnete sich langsam der Sieg über den damaligen Marktführer Lotus 1-2-3 ab. Schon in dieser frühen Version gab es die Möglichkeit, mit Formeln auf andere Arbeitsblätter zu verweisen (3D-Bezüge). Und es gab sogar schon Pivot-Tabellen! Allerdings noch ziemlich rudimentär und vermutlich ähnlich intuitiv wie ein IKEA-Schrank ohne Aufbauanleitung.

Falls du dich bisher noch nicht an Pivot-Tabellen herangewagt hast oder noch sehr unsicher im Umgang damit bist:
Das lässt sich ändern. Mein halbtägiger Pivot-Einsteigerkurs beginnt wirklich ganz am Anfang und setzt keine Pivot-Kenntnisse voraus. Bei Interesse findest du hier alle weiteren Infos:
Daten analysieren mit Pivot-Tabellen

1990er: Excel 3.0 bis Excel 97 – Die Ära der Spielereien

  • Excel 3.0 (1990): Die Version für das brandneue Windows 3.0! Excel verfügt jetzt erstmals über eine Symbolleiste.
  • Excel 4.0 (1992): Die schon seit Version 2 vorhandene Makro-Funktionalität wurde nochmals gehörig erweitert. Immer noch als eigene Makrosprache und die Makros wurden immer noch in Zellen in ein spezielles Arbeitsblatt geschrieben.
  • Excel 5.0 (1993): Die erste Version mit Visual Basic for Applications (VBA). Plötzlich konnte jeder (theoretisch) eigene Programme in Excel schreiben (heute scheint VBA wieder auf einem absteigenden Ast zu sitzen…)
  • Excel 95: Angepasst für das damals neue Windows 95 erstmalig in einer 32(!) Bit-Version.
  • Excel 97: Als Bestandteil der Office-Version 97 mit dem nervigen Office-Assistenten in Form einer Büroklammer namens „Clippy“ (in der deutschen Version: Karl Klammer). Die Älteren unter uns werden sich vielleicht noch erinnern, alle anderen mögen einfach mal nach „Clippy“ googeln: „Es sieht so aus, als würdest du eine Tabelle erstellen. Darf ich helfen?“ – Nein, Clippy, lass‘ mich bloß zufrieden, du elende Nervensäge!

Wenn ich so darüber nachdenke:
Könnte es vielleicht sein, dass Clippy/Karl Klammer so etwas wie ein Vorfahre heutiger KI-Assistenten war? Quasi der KI-Ötzi, der lange und völlig zu Recht in der Versenkung verschwunden war, aber den die dahinschmelzenden Gletscher wieder freigegeben haben? Der jetzt wie ein Untoter nachts über die Zahlenfriedhöfe in Excel schleicht und hinter einer Maske namens „Copilot“ fortan ahnungslose Excel-Anwender in Angst und Schrecken versetzt?
Ich weiß es nicht. Aber möglich wär’s schon (wie du diese mutmaßliche Zombie-Apokalypse schnell und völlig unblutig beenden kannst, zeige ich dir im Excel-Quickie 203).


Übrigens:
In Excel 97 gab es sogar einen versteckten Flugsimulator! Auf dieser Wiki-Seite findest du einen Überblick über alle möglichen Easter-Eggs in Microsoft-Produkten.

2000er: Excel XP bis 2007 – Das große Facelifting nimmt seinen Lauf

  • Excel 2002: Diese Version war auch bekannt als Excel XP. Damit waren erstmals farbige Registerkarten möglich, außerdem wurde der Funktionsassistent eingeführt.
  • Excel 2003: Die letzte Version mit dem klassischen Menü. Es soll Menschen geben, die noch heute darauf schwören.
  • Excel 2007: Der große Bruch! Die neue, breite Multifunktionsleiste („Ribbon“) ersetzte die Menüleiste, und die Welt spaltete sich in zwei Lager: Diejenigen, die es hassten, und diejenigen, die es so richtig hassten (ich gehörte lange Zeit letzterer Fraktion an…). Außerdem: 1 Million Zeilen statt 65.536 und das neue Dateiformat XLSX.

2010er bis heute: Excel 2010 bis 365 – mächtige Datenanalyse und KI

  • Excel 2010: Das Menüband lässt sich endlich anpassen. Außerdem neu: Datenschnitte und Sparkline-Diagramme.
  • Excel 2013: Power Query und Power Pivot machten aus Excel fast ein richtiges BI-Tool. Allerdings war für Power Query noch ein separates Add-In erforderlich.
  • Excel 365: Dynamische Array-Funktionen stellen das bisherige Excel-Universum auf den Kopf. Außerdem hält mehr und mehr die KI Einzug in das Programm: Prognoseblatt, Datenanalyse und mehr und mehr der Copilot.

Die Konkurrenz

Auch wenn das heute für viele Anwender schwer vorstellbar ist, gab (und gibt!) es auch andere Tabellenkalkulationen vor oder neben Excel. Die zum Teil richtig gut waren!

Legen wir also eine kleine Gedenkminute ein.

  • 1979: VisiCalc – Die erste Tabellenkalkulation für den Apple II
  • 1982: Multiplan – Microsofts Tabellenkalkulation vor Excel!
  • 1983: Lotus 1-2-3 – Der unangefochtene König der 80er-Jahre
  • 1988: Quattro Pro – Hach, ich habe es geliebt, war lange Zeit viel besser als Excel
  • 2001: Gnumeric – Die Open-Source-Alternative
  • 2006: Google Sheets – Die rein Browser-basierte Version
  • 2007: Apple Numbers – Apples Antwort auf Excel

Daneben gab es noch einige andere, wie zum Beispiel StarOffice, aus dem später OpenOffice und LibreOffice hervorgingen.

Viele der genannten Programme sind irgendwann in der Bedeutungslosigkeit versunken, weil die Hersteller Trends verschlafen haben und irgendwann die Marktmacht von Microsoft einfach zu groß war. Manche gibt es heute noch und erfreuen sich vor allem im privaten Bereich einer großen Beliebtheit.

Im professionellen Umfeld ist jedoch Excel die unangefochtene Nummer 1.

Und wo sind jetzt die Geschenke?

Keine Geburtstagsfeier ohne Überraschung, oder? Naja, einen Kuchen habe ich jetzt nicht für dich gebacken, aber zwei ganz kleine Excel-Geschenke gibt es dann doch:

Viel Spaß damit!
Und jetzt bist du an der Reihe:
Mit welchem Programm oder mit welcher Excel-Version hat deine Kalkulationslaufbahn begonnen? Schreib’s in die Kommentare, wir sind alle gespannt!

 

Das könnte dich auch interessieren:
Und immer daran denken: Excel beißt nicht!

P.S. Die Lösung ist immer einfach. Man muss sie nur finden.
(Alexander Solschenizyn)

P.P.S. Das Problem sitzt meistens vor dem Computer.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

22 Gedanken zu “Happy Birthday: Excel wird 40!

  • Avatar-Foto
    Gerhard Duscha

    Ich war in der DOS-Umgebung lange mit Symphonie unterwegs.
    Als dann Excel 4.0 unto die grafische Oberfläche kam, bin ich umgestiegen. Neuprogrammierung aller Makros in VBA.
    Danke Martin, für deine Mühe, das Excel-Leben so darzustellen.

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Gerhard,

      richtig, Symphonie gab es auch. Das war sozusagen das Office-Paket von Lotus, mit Tabellenkalkulation, Textverarbeitung und Datenbank. Lang ist’s her!

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Dagmar Zierold

    Hallo,
    ich bin mit Excel 97 eingestiegen und vermisse das Karlchen immer noch 😉 er hat immer so schön mit den Augen gerollt / gezwinkert.
    LG Dagmar

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Dagmar,

      gut zu wissen, dass die kleine Nervensäge doch auch Fans hatte 😂

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Maic

    Musste gerade schmunzeln…. „Die neue, breite Multifunktionsleiste („Ribbon“) ersetzte die Menüleiste, und die Welt spaltete sich in zwei Lager: Diejenigen, die es hassten, und diejenigen, die es so richtig hassten“

    Habe mir damals extra irgendeine Software heruntergeladen, damit alles wieder „alt“ aussah und ich auch die Funktionen wiedergefunden habe.

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Maic,

      wenn ich damals gewusst hätte, dass es eine solche Software gibt, hätte ich sie wahrscheinlich auch installiert…

      Schöne Grüße,
      Martin

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Sabine,

      danke für die Ergänzung, ein weiterer Kandidat in der Liste der ausgestorbenen Kalkulationen. Mit Supercalc hatte ich damals keine Berührungen.

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Hans B.

    Asthon Tate mit framework II bis IV hatte bereits Mitte der 80ziger was heute an Programmen Office heißt. Alles unter einem pulldown Menü und einer grafischen Desktop-Oberfläche mit mouse-Bedienuung, mit Fenstertechnik.
    Borland kauft es auf und mit dem Wechsel zu windows und hausinterner Konkurrenz schläft es ein.
    Die Macht von MS hat diesen Sproß sterben lassen d-base usw.

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Hans,

      genau, ich erinnere mich an Framework, auch wenn ich selbst nie damit gearbeitet habe. Der Wahnsinn, wie viele verschiedenen Programme es damals doch gab.

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Heinz-Jürgen Ladberg

    Mein erstes EXCEL kam auf etlichen Disketten zusammen mit einen Rechner von Vobis. Leider weiß ich nicht mehr, welche Version das war. Es gab aber noch zwei umfangreiche Handbücher von Microsoft dazu, Das war noch in Vor-Internet-Zeiten (jedenfalls für mich).
    Meine erste Tabellenkalkulation war K-Spread auf einen ATARI Mega STE. Natürlich auch ohne Internet…

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Heinz-Jürgen,

      auch mein erster Computer war ein Atari, ein Atari 520ST mit sagenhaften 512 KB RAM. Und einer grafischen Oberfläche namens GEM. Ich merke schon, langsam werde ich richtig alt…

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Regina

    Mein Start 1989 war mit Lotus 1-2-3; damit konnte ich die Lehrlings-Wochenberichte statt auf der Schreibmaschine (und mit viel Tipp-Ex) schon digital erstellen 🙂
    danke für den schönen Rückblick 😉

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Regina,

      freut mich, dass dir der Artikel gefallen hat. Dann warst du damals mit den digitalen Wochenberichten deiner Zeit definitiv weit voraus!

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Steffen

    Sehr netter Ausflug in die Vergangenheit, danke. Mein Start war Multiplan und das Limit waren, wenn ich mich richtig erinnere, 256 Zeilen. Es wurde auf Diskette gestartet und stürzte gerne mal (und natürlich meistens direkt vor dem gerade geplanten Speichern) unvermittelt ab.

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Steffen,

      dann hattest du also schon den direkten Excel-Vorgänger im Einsatz. Diskette kann man sich gar nicht mehr vorstellen, es gibt ja heute selbst schon so gut wie keine CDs/DVDs mehr…

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Hans-Peter Steiner

    Ich bin mit dieser Geschichtsschreibung nicht sehr glücklich. Die erste schlaue Tabellenkalkulation von Microsoft – und Vorgänger von Excel, war meiner Ansicht nach Microsoft Multiplan. Oder habe ich etwas verpasst? Zumindest habe ich mit damit vor Excel jahrelang „abgemüht“. 🙂

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Hans-Peter,

      das ist völlig richtig, die erste Microsoft-Tabellenkalkulation war in der Tat Multiplan, erst danach (bzw. anfangs sogar parallel) kam Excel auf den Markt. Danke für den Hinweis!

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Petra

    Hey Martin,

    was für eine tolle Zusammenfassung – danke Dir sehr für diese lustige (für mich) Morgenlektüre.

    Während der Ausbildung kam ich noch mit SAP R/1 (RA) auf Siemensrechnern in Kontakt. In dem gleichen Unternehmen gab es auch noch Lochkarten- und Lochstreifengeräte (Hammer!). Excel-seitig bin ich ein paar Jahre später (in einem anderen Unternehmen) bei 2.0 eingestiegen. Da bin ich ganz bei Heinz-Jürgen Ladberg (dir herzlichen Dank für die Erinnerungen an Vobis und mehrere Disketten für ein Programm – grusel).

    Wie witzig aus heutiger Sicht, dass wir damals unsere umfangreiche Investitionsplanung (mehrere Seiten) ausgedruckt und im Anschluss zusammengeklebt (!) haben. Mit einer kreativen Falttechnik haben wir sie Geschäftsleitung-like und abheftbar gestaltet. Jepp, die Funktion ‚Druckbereich anpassen‘ gab es noch nicht, das forderte unsere Bastelqualitäten aus der Grundschule zu Tage. Und irgendwie hat`s auch Spaß gemacht. War sozusagen eine ganz eigene Teambildungsaktion – hihi.

    Viele Grüße. Petra

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Petra,

      freut mich, wenn mein Artikel deinen Tag ein wenig erheitert hat 🙂
      An die Diskettenorgien möchte man sich nicht mehr zurückerinnern, die kenne ich auch noch. Und die Bastelstunden mit Papier und Kleber gab es wahrscheinlich auch in einigen Unternehmen. Das papierlose Büro ist ja auch heute noch immer nicht überall angekommen…

      Schöne Grüße,
      Martin

  • Avatar-Foto
    Michael Hühnerfuß

    Hallo, danke für den informativen Beitrag.
    Ich habe meine ersten Excel-Schritte mit Vers. 3.0 und 4.0 gemacht und fleißig Makros in Zeilen geschrieben.
    An meiner Arbeitsstelle nutzten wir Applixware auf einem UNIX-System.
    In der Office-Suite war u. a. „Applix Spreadsheets“ enthalten.
    Für mein Empfinden deutlich leistungsfähiger als EXCEL, enthielt sie doch schon eine Programmiersprache „ELF (Extended Language Facility)“ und die Möglichkeit, Echtzeitdaten über „Real Time“ abzufragen. Leider war es im Handling nicht ganz so
    geschmeidig wie MS Office. Später entschied man sich dann, komplett von UNIX Abschied zu nehmen und die MS-Ära begann. Leider…

    • Avatar-Foto
      Martin Weiß Autor des Beitrags

      Hallo Michael,

      danke für deinen Kommentar. Man vergisst ja immer, dass es nicht nur DOS oder Windows als Betriebssystem gab, sondern eben auch UNIX. Sehr spannend! Und wie man weiß, setzt sich nicht immer zwangsläufig das bessere System durch…

      Schöne Grüße,
      Martin